In Nachbars Garten. Koeber bringt minimalistische Architektur eines Wohnhauses von John Pawson mit Landschaft in perfekte Harmonie

Ausgangspunkt für die Planung von John Pawson war ein Grundstück inmitten von parallel angeordneten Stadthäusern in Gießen, auf dem ursprünglich eine Stallung zu Hause war. Das sogenannte ‚Mews House‘ galt es aus Gründen des Denkmalschutzes zu erhalten. Mit seiner bekannten Denke, dass die Architektur einerseits nüchtern und zweckmäßig, gleichzeitig aber intelligent gedacht und sinnlich sein sollte, realisierte Pawson einen Neubau – und sanierte die ehemalige Stallung für das heutige Gästehaus der Familie. Beide Häuser sind durch einen Innenhof miteinander verbunden, zur Abgrenzung des Grundstückes erschuf Pawson ein geschlossenes Refugium aus Betonwänden in strenger Geometrie. Die geschaffenen Sichtachsen im Erdgeschoss bieten den Bewohnern vielseitige Ein- und Ausblicke in den Innenhof sowie in das Gästehaus. Das Ergebnis ist ein wunderbares Spiel mit Licht und Schatten, Privatsphäre und einer introspektiven Atmosphäre. In den oberen Stockwerken hingegen liegt der Fokus auf Weite und viel Sicht sowie einer sukzessiven Neukalibrierung des Dialogs zwischen dem Innenraum und dem Einfall des natürlichen Lichts. So konsequent pur wie die Architektur, zeigt sich die luxuriöse Ausstattung. Feinste, zumeist natürliche Materialien präsentieren sich selbstbewusst im Innenraum, stehen bewusst für sich oder gehen eine fein austarierte Symbiose mit anderen Materialien und dem Interior ein.

Zeichnete John Pawson für Entwurf, Konzept und künstlerische Bauüberwachung für das Wohnhause in Gießen verantwortlich, so bat uns der Bauherr, die gesamte Außenanlage inklusive Tiefgaragendach und Zufahrt umzusetzen. Für uns stand im Fokus, Architektur und Landschaft in perfekte Harmonie zu bringen, bewusst Kontraste zu schaffen und viel natürliches Licht in die Räume zu lassen. Der gestalterische Anspruch war dabei hoch, technisch sehr komplex die Realisierung.

 

Wie eine Art Antithese zur strengen Geometrie des Wohnrefugiums haben wir das Tiefgaragendach mit Sträuchern und punktuell verorteten Bäumen realisiert. Witterungsbeständige und für die Gegend untypische Klimabäume, die wir eigens ausgesucht haben, befinden sich auf dem Tiefgaragendach und begrünen die Zufahrt. Unter anderem haben wir ein Eisenholz und eine Magnolie sowie einen Judasbaum in die minimalistische Architektur eingespielt. Und mit hellen Natursteinfindlingen, gebranntem Klinker und hochwertig gefertigten Pflanztrögen kombiniert. Die Travertinsteinplatten ziehen sich, in gestalterischer Einheit, nach Betreten des Wohnrefugiums fort – teilweise, um die Natürlichkeit zu unterstreichen, an den Außenwänden des Wohnhauses mit Wasserflächen kombiniert. Um in das Wohnhaus zu gelangen, durchstreift man eine üppige Staudenmischpflanzung, die mit verschiedenen Blühzeiten über das Jahr hinweg das Konzept unterstreicht.

Unser Tipp:

Was ist des Gärtners erste Pflicht? Klare Sache, das Gießen! Im Gießener Gießkannenmuseum findet sich eine beindruckende Sammlung, die aufzeigt, wie interessant und variantenreich die Gießkanne als Gegenstand der materiellen Alltagskultur ist.